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welch ein schwaches Interesse er an den Dingen ausser sich genommen hatte, wie
wenig er kannte und wusste. An diesem Tage, dem vergnuegtesten seines Lebens,
schien auch seine eigne Bildung erst anzufangen; er fuehlte die Notwendigkeit, sich zu
belehren, indem er zu lehren aufgefordert ward.
Jarno und der Abbe hatten sich nicht wieder sehen lassen; abends kamen sie und
brachten einen Fremden mit. Wilhelm ging ihm mit Erstaunen entgegen, er traute
seinen Augen nicht: es war Werner, der gleichfalls einen Augenblick anstand, ihn
anzuerkennen. Beide umarmten sich aufs zaertlichste, und beide konnten nicht
verbergen, dass sie sich wechselsweise veraendert fanden. Werner behauptete, sein
Freund sei groesser, staerker, gerader, in seinem Wesen gebildeter und in seinem
Betragen angenehmer geworden. "Etwas von seiner alten Treuherzigkeit vermiss ich",
setzte er hinzu. "Sie wird sich auch schon wieder zeigen, wenn wir uns nur von der
ersten Verwunderung erholt haben", sagte Wilhelm.
Es fehlte viel, dass Werner einen gleich vorteilhaften Eindruck auf Wilhelmen gemacht
haette. Der gute Mann schien eher zurueck- als vorwaertsgegangen zu sein. Er war viel
magerer als ehemals, sein spitzes Gesicht schien feiner, seine Nase laenger zu sein,
seine Stirn und sein Scheitel waren von Haaren entbloesst, seine Stimme hell, heftig
und schreiend, und seine eingedrueckte Brust, seine verfallenden Schultern, seine
farblosen Wangen liessen keinen Zweifel uebrig, dass ein arbeitsamer Hypochondrist
gegenwaertig sei.
Wilhelm war bescheiden genug, um sich ueber diese grosse Veraenderung sehr
maessig zu erklaeren, da der andere hingegen seiner freundschaftlichen Freude
voelligen Lauf liess. "Wahrhaftig!" rief er aus, "wenn du deine Zeit schlecht angewendet
und, wie ich vermute, nichts gewonnen hast, so bist du doch indessen ein Persoenchen
geworden, das sein Glueck machen kann und muss; verschleudere und verschleudere
nur auch das nicht wieder: du sollst mir mit dieser Figur eine reiche und schoene Erbin
erkaufen."--"Du wirst doch", versetzte Wilhelm laechelnd, "deinen Charakter nicht
verleugnen! Kaum findest du nach langer Zeit deinen Freund wieder, so siehst du ihn
schon als eine Ware, als einen Gegenstand deiner Spekulation an, mit dem sich etwas
gewinnen laesst."
Jarno und der Abbe schienen ueber diese Erkennung keinesweges verwundert und
liessen beide Freunde sich nach Belieben ueber das Vergangene und Gegenwaertige
ausbreiten. Werner ging um seinen Freund herum, drehte ihn hin und her, so dass er
ihn fast verlegen machte. "Nein! nein!" rief er aus, "so was ist mir noch nicht
vorgekommen, und doch weiss ich wohl, dass ich mich nicht betriege. Deine Augen
sind tiefer, deine Stirn ist breiter, deine Nase feiner und dein Mund liebreicher
geworden. Seht nur einmal, wie er steht! wie das alles passt und zusammenhaengt!
Wie doch das Faulenzen gedeihet! Ich armer Teufel dagegen"--er besah sich im
Spiegel--"wenn ich diese Zeit her nicht recht viel Geld gewonnen haette, so waere doch
auch gar nichts an mir."
Werner hatte Wilhelms letzten Brief nicht empfangen; ihre Handlung war das fremde
Haus, mit welchem Lothario die Gueter in Gemeinschaft zu kaufen die Absicht hatte.
Dieses Geschaeft fuehrte Wernern hierher; er hatte keine Gedanken, Wilhelmen auf
seinem Wege zu finden. Der Gerichtshalter kam, die Papiere wurden vorgelegt, und
Werner fand die Vorschlaege billig. "Wenn Sie es mit diesem jungen Manne, wie es
scheint, gut meinen", sagte er, "so sorgen Sie selbst dafuer, dass unser Teil nicht
verkuerzt werde; es soll von meinem Freunde abhaengen, ob er das Gut annehmen
und einen Teil seines Vermoegens daran wenden will." Jarno und der Abbe
versicherten, dass es dieser Erinnerung nicht beduerfe. Man hatte die Sache kaum im
allgemeinen verhandelt, als Werner sich nach einer Partie L'hombre sehnte, wozu sich
denn auch gleich der Abbe und Jarno mit hinsetzten; er war es nun einmal so gewohnt,
er konnte des Abends ohne Spiel nicht leben.
Als die beiden Freunde nach Tische allein waren, befragten und besprachen sie sich
sehr lebhaft ueber alles, was sie sich mitzuteilen wuenschten. Wilhelm ruehmte seine
Lage und das Glueck seiner Aufnahme unter so trefflichen Menschen. Werner dagegen
schuettelte den Kopf und sagte: "Man sollte doch auch nichts glauben, als was man mit
Augen sieht! Mehr als ein dienstfertiger Freund hat mir versichert, du lebtest mit einem
liederlichen jungen Edelmann, fuehrtest ihm Schauspielerinnen zu, haelfest ihm sein
Geld durchbringen und seiest schuld, dass er mit seinen saemtlichen Anverwandten
gespannt sei. "--"Es wuerde mich um meinet- und um der guten Menschen willen
verdriessen, dass wir so verkannt werden", versetzte Wilhelm, "wenn mich nicht meine
theatralische Laufbahn mit jeder uebeln Nachrede versoehnt haette. Wie sollten die
Menschen unsere Handlungen beurteilen, die ihnen nur einzeln und abgerissen
erscheinen, wovon sie das wenigste sehen, weil Gutes und Boeses im verborgenen [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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