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einmal ins Stolpern geriet und beinahe gestürzt wäre. Noch
wenige Augenblicke, vermutete Tobias, und die Jäger muß-
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ten ihn erreicht haben.
Er mußte etwas tun!
Aber er tat nichts. Er stand einfach da und sah zu, wie
gelähmt vor Angst und Entsetzen. Später redete er sich
immer und immer wieder ein, daß er nichts hätte tun kön-
nen; er war allein und unbewaffnet, und sie waren mehr als
ein Dutzend Reiter. Und trotzdem verzieh er sich dieses
Zögern nicht. Er stand einfach da, starrte auf den Weg und
war gelähmt vor Angst.
Die dunklen Reiter holten tatsächlich schnell auf. Doch
als sie noch dreißig Schritte von dem flüchtenden Mann ent-
fernt waren, zügelten sie ihre Tiere und begannen, sich auf-
zuteilen. Die eine Hälfte galoppierte weiter hinter dem Mann
her, während die andere einen weiten Bogen schlug, um ihm
den Weg abzuschneiden.
Sie spielen mit ihm, dachte Tobias entsetzt. Sie spielen mit
ihm, wie die Katze mit der Maus spielt.
Auch der Gejagte erkannte jetzt, daß er keine Chance
mehr hatte. Er lief plötzlich langsamer, blieb für einen
Moment stehen und sah sich wild nach allen Richtungen
um. Er hob die Hände; in einer hilflosen, beinahe flehenden
Geste, und genau in diesem Moment riß die Wolkendecke
am Himmel auf, so daß das bleiche Licht des Mondes sein
Antlitz Tobias in aller Deutlichkeit enthüllte.
Es war Derwalt!
Doch Tobias blieb nicht einmal Zeit, den neuerlichen, läh-
menden Schrecken zu verarbeiten, den diese Erkenntnis mit
sich brachte, denn im nächsten Moment war der erste Reiter
herangeprescht, und das gleiche, kalte Mondlicht fiel auf
sein Gesicht.
Es war eine totenbleiche, knochige Fratze. Nase und
Augen waren schwarze, grundlose Löcher, der Mund zu
einem höhnischen Grinsen verzerrt, und die Hände, die die
Zügel des Pferdes hielten, waren keine Hände, sondern die
dürren Knochenklauen eines Skelettes!
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So schnell der Himmel aufgerissen war, so rasch schlossen
sich die Wolken auch wieder, und barmherzige Dunkelheit
senkte sich über das furchtbare Bild. Aus Verfolger und Ver-
folgtem wurden wieder schwarze, tiefenlose Schatten, die
einen grotesken Tanz in fast vollkommener Lautlosigkeit
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aufzuführen schienen.
Doch was Pater Tobias in diesem Moment gesehen hatte,
reichte aus, ihn für Augenblicke an den Rand des Wahnsinns
zu treiben. Er wollte schreien, aus seinem Versteck heraus-
stürzen, den schrecklichen Kreaturen das heilige Kreuz, das
um seinen Hals hing, entgegenhalten, ihnen die machtvoll-
sten Bannsprüche entgegenschleudern, die er als Inquisitor
erlernt hatte, sie mit der Macht seiner heiligen Worte ver-
brennen -
- aber er konnte nichts von alledem. Es war, als wäre
nicht nur sein Wille, sondern sein ganzes Denken ausge-
löscht. Er hatte nicht einmal Angst in diesem Augenblick. Er
stand einfach da, starrte die tanzenden Schatten an und war-
tete vergeblich darauf, daß er irgend etwas empfand, das
man Angst oder Entsetzen nennen konnte. Aber in ihm war
nichts, nur eine tiefe, gottlose Leere, die schlimmer war als
jede Furcht, die er hätte empfinden können. Reglos sah er
zu, wie der knochengesichtige Reiter auf Derwalt losjagte
und im allerletzten Moment, gerade als er glaubte, er müsse
den Zimmermann einfach über den Haufen reiten, sein
Pferd zur Seite und den Arm in die Höhe riß. Die furchtbare
Skelettklaue vollführte eine blitzartige Bewegung, und
plötzlich schrie Derwalt voller Schmerz und Entsetzen auf,
taumelte zurück und brach in die Knie.
Der Reiter galoppierte weiter, doch noch bevor Derwalt
sich wieder erheben konnte, sprengte ein zweiter gewaltiger
Schatten heran, und ein neuerlicher Schlag traf den Zimmer-
mann. Derwalts Schrei klang noch schmerzerfüllter; diesmal
fiel er nicht mehr auf Hände und Knie herab, sondern stürzte
längs auf den Boden.
Pater Tobias schloß mit einem lautlosen Stöhnen die
Augen, sank auf die Knie herab und bekreuzigte sich, ehe er
die Hände zum Gebet faltete. Seine Lippen bewegten sich
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zwar, aber sein Kopf war wie leergefegt. Er fand die heiligen
Worte nicht mehr. Wie vor ein paar Stunden im Schloß des
Grafen war da nichts, was auf sein lautloses Flehen antwor-
tete, keine warme, schützende Hand, die sich nach seiner
Seele ausstreckte und den Schmerz linderte. Als er nach eini-
gen Augenblicken die Lider wieder hob, waren die Schatten
noch immer da und das Bild schrecklicher denn je.
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Derwalt hatte sich wieder auf Hände und Knie gestemmt
und saß stöhnend da. Die Knochenreiter bildeten einen
Halbkreis um ihn und das Flußufer. Als das Mondlicht aber-
mals auf die düstere Szenerie fiel, schmolz auch Pater
Tobias' allerletzte, verzweifelte Hoffnung dahin. Es war kein
Trugbild gewesen, kein Streich, den ihm seine übermüdeten
und überreizten Nerven gespielt hatten: Die Gesichter der
Männer in den Sätteln der riesigen Schlachtrosse waren
keine gewöhnlichen Gesichter. Es waren grinsende Toten-
kopffratzen.
Mittlerweile hatte sich Derwalt wieder auf die Füße
geplagt und stand schwankend da. Sein Blick irrte verzwei-
felt umher, tastete für einen Moment das Flußufer ab und
kehrte dann zurück zu dem stummen Halbkreis riesiger, dro-
hender Gestalten, der ihn umgab. Sein Gesicht war blut-
überströmt, er schien nicht einmal mehr die Kraft zu haben,
sich auf den Füßen zu halten. Trotzdem wagte er einen tau-
melnden Schritt, machte dann einen zweiten und dritten,
ehe einer der Reiter sein Pferd ein Stück zur Seite bewegte
und ihm damit den Weg versperrte.
Aber Derwalt gab noch nicht auf. Mit einer Kraft und
einem Mut, die ihm wohl nur die schiere Verzweiflung ver-
lieh, fuhr er plötzlich herum, warf sich fast in der gleichen
Bewegung in die entgegengesetzte Richtung und war mit
einem blitzschnellen Schritt neben einem der Reiter. Mit
einem Schrei streckte er die Arme aus und riß mit aller
Gewalt am Zaumzeug des Pferdes.
Das Tier bäumte sich auf. Seine Vorderhufe schlugen
wütend in die Luft und verfehlten Derwalts Schädel nur um
eine Handspanne, und der Knochenreiter hatte plötzlich alle
Mühe, sich im Sattel zu halten.
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Der Reiter neben ihm versuchte, sein Tier herumzureißen,
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