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Alter von neunzehn Jahren, im Seminar von Saint-Sulpice ein. In
diesen alten berühmten Gebäuden fand ich den Frieden und das
Glück, das nur die mutmaßlichen Leiden meiner Mutter und mei-
ner Schwester trübten; ihre häuslichen Schmerzen wuchsen zwei-
felsohne, denn wann sie mich besuchten, bestärkten sie mich in
meinem Entschlüsse. Vielleicht durch meine Leiden in die Ge-
heimnisse der Barmherzigkeit eingeweiht, wie sie der große
Sankt Paulus in einem anbetungswürdigen Kapitel erörtert hat,
wollte ich die Wunden der Armen in einem unbekannten Erden-
winkel verbinden, dann durch mein Beispiel beweisen, wenn Gott
meine Mühen zu segnen geruhte, daß die katholische Religion, in
ihren menschlichen Werken erfaßt, die einzig wahre, die einzige
gute und schöne zivilisatorische Macht sei. Während der letzten
Tage meines Diakonats hatte die Gnade mich zweifelsohne er-
leuchtet. Völlig verziehen hatte ich meinem Vater, in welchem
ich das Werkzeug meines Schicksals gesehen habe. Trotz eines
langen und zärtlichen Briefes, worin ich diese Dinge erklärte,
indem ich zeigte, daß Gottes Finger sich überall abgedrückt habe,
weinte meine Mutter viele Tränen, als sie meine Haare unter den
Scheermessern der Kirche fallen sah; sie wußte, auf wieviele
Freuden ich verzichtete, ohne zu erkennen, welchen heimlichen
Ruhm ich erhoffte. Die Frauen sind so zärtlich! Als ich Gott ge-
hörte, empfand ich eine grenzenlose Ruhe; ich fühlte weder Be-
dürfnisse, noch Eitelkeiten, noch Sorge um Güter, welche die
Menschen so sehr beunruhigen. Ich wähnte, die Vorsehung würde
sich meiner wie einer ihr gehörigen Sache annehmen. Eine Welt
betrat ich, aus der die Furcht verbannt ist, wo die Zukunft gewiß
und wo jedes Ding, selbst das Schweigen ein göttliches Werk ist.
Diese Ruhe ist eine der Wohltaten der Gnade. Meine Mutter beg-
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riff nicht, daß man sich mit einer Kirche vermählen könne; als sie
meine heitere Stirn, meine glückliche Miene sah, wurde sie
nichtsdestoweniger glücklich. Nachdem ich eingekleidet worden
war, besuchte ich in Limousin einen meiner väterlichen Ver-
wandten, der mir zufällig von dem Zustande erzählte, worin sich
der Bezirk Montégnac befand. Ein mit dem Glänze der Erleuch-
tung erstrahlender Gedanke sagte mir im Innern: »Das ist dein
Weinberg!« Und ich bin hierher gekommen. So ist meine Ge-
schichte, Herr, wie Sie sehen, recht einfach und uninteressant.«
In diesem Augenblick tauchte Limoges im Feuer der untergehen-
den Sonne auf. Bei dem Anblick vermochten die beiden Frauen
ihre Tränen nicht zurückzuhalten.
Der junge Mensch, den diese beiden verschiedenen Zärtlichkeiten
suchten, der so viel Veranlassung zu harmloser Neugierde, so viel
scheinheiligen Sympathien, und so vielen lebhaften Sorgen war,
lag auf einer Gefängnismatratze in dem für zum Tode Verurteilte
bestimmten Raume. Ein Spion lauerte an der Tür, um die Worte
aufzufangen, die ihm, sei es im Schlafe, sei es in einem Wutanfal-
le entschlüpfen konnten, so sehr suchte das Gericht alle mensch-
lichen Mittel zu erschöpfen, um Jean-François Tascherons
Mitschuldigen schließlich herauszubekommen und die gestohle-
nen Summen wiederzufinden. Die des Vanneaulx hatten die Poli-
zei für sich gewonnen, und die Polizei bespähte nun dies völlige
Schweigen. Wenn der zur moralischen Bewachung des Gefange-
nen beigesellte Mann diesen durch einen ausdrücklich zu diesem
Zwecke hergestellten Spalt betrachtete, fand er ihn immer in der
gleichen Haltung in seine Zwangsjacke gesteckt, und, seitdem er
versucht hatte, den Stoff und die Banden mit seinen Zähnen zu
zerreißen, den Kopf mit einer Lederbandage festgemacht. Jean-
François betrachtete mit stieren und verzweifelten Augen, die
glühend und durch das Zuströmen eines Lebens, das schreckliche
Gedanken aufwühlten, wie gerötet waren, den Fußboden. Er war
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eine lebende Skulptur des antiken Prometheus, der Gedanke an
irgendein verlorenes Glück zerfleischte sein Herz; auch der zwei-
te Vertreter des Generalprokurators, hatte, als er ihn aufsuchte,
nicht umhin können, seiner Überraschung, welche ein so bestän-
diger Charakter hervorrief, Ausdruck zu verleihen. Angesichts
jedes lebenden Wesens, das in sein Gefängnis drang, geriet Jean-
François in eine Wut, welche die den Aerzten bei derartigen Auf-
regungen bekannten Grenzen weit hinter sich ließ. Sobald er den
Schlüssel sich im Schlüsselloch umdrehen oder die Riegel der
eisenbeschlagenen Türe kreischen hörte, trat ihm ein leichter
Schaum vor die Lippen.
Der damals fünfundzwanzigjährige Jean-François war klein, aber
wohlgebaut. Seine krausen und dicken, ziemlich tief ansetzenden
Haare zeugten von großer Energie. Seine Augen von einem hel- [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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